Freelancer sind in diversen Branchen fester Bestandteil der Arbeitswelt, und dank diverser Möglichkeiten der verteilten Arbeit mit Homeoffice, Coworking und in der Cloud werden es immer mehr.
Freelancer machen nicht selten aus Ihrer Leidenschaft einen Beruf, indem sie sich auf das spezialisieren, was sie am besten können und am liebsten tun.
Doch so schön das Leben und Arbeiten als Freelancer ist – nicht jeder will auf Dauer immer wieder den klassischen Freiberufler-Zyklus durchlaufen: Kunden akquirieren, ähnliche Jobs an wechselnde Auftraggeber abliefern, und dann wieder Akquise.
Warum also nicht einen Schritt weitergehen, und aus dem Freiberufler-Dasein ein echtes Unternehmen als Solopreneur machen?
- Ein Unternehmen, das laufen kann, ohne dass Du permanent Zeit in Auftragsarbeiten steckst.
- Ein Unternehmen, das Du mit Partnern und/oder Mitarbeitern gestaltest.
- Ein Unternehmen, das mehr verdient, ohne dass Du jedesmal Deine Arbeitszeit dafür hochschrauben musst.
Auf den ersten Blick haben Freiberufler und Solopreneure schon einiges gemeinsam. Beide sind formal selbständig, stellen Rechnungen an Kunden, sind ihr eigener Boss. Sie sind zu einem guten Teil unabhängig. Und trotzdem hat der Solopreneur unterm Strich mehr Handlungsfreiheit und mehr Möglichkeiten sein Business wachsen zu lassen als der Freelancer.
Warum das so ist, was ich selbst beim Übergang von projektbezogener Arbeit zum Unternehmertum gelernt habe, und wie Du aus Deinem Freelancer-Business ein echtes Solopreneur-Business machen kannst, liest Du in den folgenden Zeilen.
In der Bequemlichkeitsfalle zwischen Freelancer und Unternehmer
In den Anfangsphasen meiner beiden Unternehmen UltraPress und MeinSpiel habe ich jeweils sehr viel Zeit in Kundenprojekten verbracht. Bei MeinSpiel habe ich für Firmenkunden die Produktion größerer Kartenspiel-Auflagen organisiert. Und bei UltraPress habe ich die Kunden-Websites selbst gestaltet.
Beides erforderte einerseits keinerlei finanzielle Investitionen, doch fraß beides auch verdammt viel Zeit. In beiden Fällen würde ich dennoch prinzipiell wieder so vorgehen. Warum?
Nur so konnte ich wirklich alle Arbeitsabläufe genau kennen und daraus nach und nach standardisierte Abläufe kreiieren, in die auch externe Partner oder Mitarbeiter zu integrieren waren.
Außerdem war es rein finanziell erforderlich, denn dieser klassische Bootstrapping-Ansatz (oder auch Selbstständig machen ohne Eigenkapital) brachte den nötigen Umsatz, um neben den Kundenprojekten solide Strukturen aufzubauen – Strukturen im Hinblick auf Marketing, Partner, Mitarbeiter und Arbeitsabläufe.
Kommt das Geschäft mit den Projekten langsam in Gang, ist das erstmal natürlich die reine Freude. Im Prinzip ließe sich dann genauso weitermachen: Job für Job wird bearbeitet, und am Ende steht ein schöner Erlös.
Doch willst Du Dein Freiberufler-Business als echtes Unternehmen weiterentwickeln, lauert hier schon die erste Gefahr:
Gerade durch die eigentlich komfortable Situation aus regelmäßig fließenden Erlösen droht eine Art Bequemlichkeitsfalle. Man muckelt einfach weiter, aber in Wirklichkeit geht es nicht vorwärts. Und ich selbst steckte auch teilweise zu lange in dieser Falle, bis ich mich endlich aufraffte, den Aufbau des eigentlichen Unternehmens wieder in den Blick zu nehmen.
Leistungen oder Produkte statt Zeit verkaufen
In den meisten Fällen bekommt ein Freelancer seine Arbeit ähnlich vergütet wie ein normaler Arbeitnehmer: Nach der absolvierten Zeit eines Projekts. Richtig gute Freelancer können an Stundensätzen ein Vielfaches dessen aufrufen, was ein vergleichbarer Arbeitnehmer verdient, wobei allerdings all die Arbeit für Auftragsakquise, Buchhaltung und sonstige Arbeitsorganisation nicht mitvergütet werden.
Das hat zur Folge, dass viele Freelancer in der klassischen „Selbst-und-ständig-Falle“ landen, also permanent ackern und am Ende des Tages doch nicht allzuviel mehr verdienen als ein Angestellter. Die Stunden des Tages sind schließlich begrenzt.
Wie kann sich der Freelancer aus diesem Zeit-Dilemma befreien?
Indem er sich daran orientiert, was er aus Sicht seiner Kunden im eigentlichen Sinne verkauft. Und das ist eben nicht die Zeit.
Der Kunde will ja nicht explizit die Zeit kaufen, sondern ihm ist eine ganz bestimmte Leistung wichtig, die der Freelancer in der Zeit erbringt. Also ist der erste Schritt zum Unternehmertum die Umstellung von Zeitabrechnung zur Leistungsabrechnung.
In jedem Projekt ist das nicht zwingend möglich, wie es sich für mich in den UltraPress-Website-Projekten zeigt, in denen wir einzelne gestalterische Dinge zeitabhängig berechnen. Doch überall da, wo Leistungen klare, berechnbare Abläufe haben, ist eine Bepreisung, beziehungsweise Abrechnung unabhängig von der benötigten Zeit die bessere Variante.
Was auf den ersten Blick vielleicht banal oder wenig wirksam klingt, ist letzlich die zentrale Vorraussetzung für das Wachstum des eigenen Business. Denn nur, wenn nach wirklicher Leistung abgerechnet wird, hat der Freelancer beziehungsweise Unternehmer auch etwas davon, wenn er effizienter seine Arbeit verrichtet, wenn er mehr Leitung in der gleichen Zeit liefern kann.
Kein Mädchen für alles
Apropos Effizienz: Kann jemand effizient arbeiten, wenn er heute eine Website baut, morgen Flyer entwirft und übermorgen dem Kunden einen Messestand organisiert? Nein!
Natürlich KANN jemand all diese Dinge machen, nur wird er in jeder einzelnen der unterschiedlichen Tätigkeiten in der Regel schwächer sein als ein Spezialist, der nur eine der Leistungen anbietet.
Nicht nur die Erfahrung spielt dabei eine Rolle, sondern auch die Arbeitsorganisation als solche. Als Mädchen für alles musst Du Dich immer wieder neu orientieren, anstatt nach einem eingespielten Schema zu agieren, beispielsweise mit Vorlagen zu arbeiten oder mit Standard-Projektierungen, ähnlich wie es Fertighaus-Anbeiter tun.
Formuliere die Leistungen, die Du anbietest, also möglichst präzise, und fokussiere Dich in den Projekten auf ein ganz bestimmtes enges Leistungsspektrum. Nur so, kannst Du in diesem einen Bereich wirklich effizient sein und Zeit gewinnen.
Neue Mitarbeiter einführen – Delegieren oder Outsourcen
Die Notwendigkeit zur Fokussierung gründet auch auf einem weiteren Zusammenhang: Wenn Du aus Deinem Status als Freibrufler ein Solopreneur-Business oder größeres Unternehmen aufbauen willst, wirst Du zwangsläufig mit Mitarbeitern oder anderweitigen Partnern zusammenarbeiten müssen.
Und das betrifft nicht nur administrative Bereiche Deines Unternehmens, wie zum Beispiel Buchhaltung, sondern es betrifft vor allem die Projekte selbst, den Kern Deiner Leistung.
Das, was Du selbst an Jobs sonst den lieben langen Tag für Deine Kunden erledigt hast, musst Du ab jetzt auf mehrere Schultern verteilen, um Dein Unternehmen überhaupt wachstumsfähig und skalierbar zu machen.
Aus eigenem Erleben kann ich sagen: Dieses Umverteilen von Arbeit an Mitarbeiter bedeutet nicht einfach nur, die eigenen Aufgaben bei anderen abzuladen.
Es ist stattdessen ein wirklich intensiver Prozess. Und es geht um einen der sensibelsten Bereiche Deines Business´. Schließlich geht es hier um Menschen, die dauerhaft mit Dir zusammenarbeiten, und die Dein Unternehmen auch nach außen repräsentieren, indem sie im direkten Kundenkontakt stehen.
Delegieren oder Outsourcing kann also nicht einfach nur heißen, „Hier, mach´ mal“. Das Einführen von neuen Mitarbeitern oder Projekt-Partnern sollte stattdessen gut vorbereitet sein. Beispielsweise lohnt es sich, sich mit folgenden Fragen zu beschäftigen:
- Welche konkreten Tätigkeiten hat wer zu tun, und welche Ergebnisse werden dabei erwartet?
- Wie läuft die interne Kommunikation?
- Was sind die Regeln zum Umgang mit Kunden?
- Wie sind die internen Abläufe geregelt?
Für mich hat es sich als praktikabel erwiesen, all dies in irgendeiner Art schriftlich verfügbar zu machen und intensiv zu besprechen.
Klar ist auch, dass es dann keine Übergabe von Projekten „von Null auf Hundert“ geben kann. Ich versuche das immer fließend zu machen. Also erstmal mal parallel mitarbeiten, und dann nach und nach immer mehr Verantwortung abzugeben, ohne selbst den Überblick zu verlieren.
Deine Leistung statt Deiner Person rückt ins Zentrum
Als Freiberufler ist man gewohnt, sich selbst und sein eigenes Können in den Vordergrund zu stellen. Das komplette Business basiert quasi auf der eigenen Persönlichkeit. Das ändert sich auf dem Weg zum Unternehmen gravierend.
Wer am Ende nicht doch wieder selbst bei jedem Kunden persönlich auf der Matte stehen will, muss seine angebotenen Leistungen von seiner Person trennen. Das heißt nicht, dass plötzlich das Leistungsangebot komplett umgeschrieben werden muss, oder dass man sein Unternehmen plötzlich unpersönlich gestalten sollte. Die Erbringung der Leitung für den Kunden darf halt nur nicht mehr abhängig sein von einem selbst.
Alle Prozesse müssen also so strukturiert werden, dass der Kunde ohne das Zutun der eigenen Person zufriedengestellt werden kann. In der Konsequenz bedeutet dies nicht nur Delegation, sondern auch, dass es überhaupt transparente Prozesse im Unternehmen gibt. Prozesse, die von Mitarbeitern und Partnern verstanden werden, und die sicherstellen, dass ein Kunde am Ende das bekommt, was angeboten wird.
Und es bringt die Notwendigkeit zur klaren Abgrenzung von Leistungen, sprich: Was bekommt der Kunde genau, und was wird nicht mit angeboten? Denn nur, wenn Leitungen klar definiert sind, können auch die Prozesse zu deren Erfüllung für alle Beteiligten transparent definiert werden.
Wir statt ich
Wer sich als Unternehmen definiert anstatt als Freelancer, wirkt aus Sicht der Kunden gleich mal etwas größer. „Wir statt ich“ heißt es, und es wird nach außen klar, dass hier ein Team arbeitet und nicht eine Einzelperson. Diese Wahrnehmungsveränderung ist kein reiner Selbstzweck, sondern bringt klare praktische Vorteile mit sich:
Professionalität: Kunden verbinden ein Unternehmen intuitiv meist eher mit Professionalität, als es bei einem Freelancer der Fall ist, dessen Bezeichnung auch manchmal eine gewisse Unstetigkeit suggerieren kann.
Selbst die Regeln bestimmen: Kunden sind bei Unternehmen auch eher bereit deren Regeln zu akzeptieren als bei offensichtlich individuell und ergo flexibel agierenden Freelancern. Was zu einem Leistungspaket gehört, zu welchen Fristen und sonstigen Bedingungen gearbeitet wird, lässt sich also etwas leichter durchsetzen als in der Position des Freelancers.
Strategisches Marketing
Das Thema Marketing wird von Freelancern hin und wieder auf den Begriff „Klinkenputzen“ reduziert. Das klingt für die meisten nicht nur unschön, es ist für Freelancer oftmals auch einfach nur lästig.
Viele Freelancer kommen auch ganz gut zurecht, wenn sie sich stattdessen einmal gewisses Netzwerk aufgebaut haben, durch das sie immer wieder mal gebucht werden. Das Marketing beschränkt sich in dann auf ein wenig persönliche Kundenpflege oder hier und da ein Besuch von Networking-Events.
Auch wenn diese Herangehensweise für den einen oder anderen als Einzelperson funktionieren mag, auf dem Weg zum wachstumsfähigen Unternehmen wird das definitiv nicht ausreichen.
Ich will hier gar nicht soweit gehen, alle möglichen Marketing-Kanäle, die zur Verfügung stehen, zu beschreiben. Das ist auch hinsichtlich Branchen und anderer Unternehmensmerkmale ziemlich unterschiedlich. Generell wichtig ist allerdings ein Basisprinzip des langfristig erfolgreichen Marketings: Ein funktionierender Sales Funnel.
Ja klar, mal wieder so ein komisches amerikanisches Marketing-Wort, was jedoch etwas wirklich strukturell wichtiges beschreibt, nämlich den Weg den Kunden vom reinen Interessenten zum wirklich zahlenden Kunden. In diesem Artikel habe ich das Prinzip Sales Funnel etwas ausführlicher beschrieben, kurz gesagt handelt es sich um folgendes:
Beim strategischen Marketing geht es nicht um irgendwelche kurzfristigen PR-Gags oder ein temporäres Marketing-Feuerwerk aus diversen Einzelaktionen. Es geht vielmehr darum, Marketingkanäle zu identifizieren, die dauerhaft einen Strom an Interessenten bringen.
Beispielsweise können das im Online-Business Adwords-Kampagnen sein oder Blogs, durch Du Deiner Website stetig neue Interessenten zuführst. Diese Interessenten solltest Du dann in verschiedenen Stufen zu zahlenden Kunden machen. Im Ergebnis kommt also eine berechenbare Anzahl von neuen Kunden je Marketingkanal zu Dir, womit Du auch in Sachen Akquise Dich als Person überflüssig machst.
Fazit
Der Weg vom Freelancer zum Solopreneur mit eigenem Unternehmen erfordert vielfach das Loslassen von liebgewonnenen Gewohnheiten. Du kannst Dich nicht mehr nur allein auf Dich und Dein Können verlassen. Du musst stattdessen belastbare Strukturen aufbauen, neue Leute behutsam einführen und strategisch ins Marketing einsteigen.
Dieser Weg beinhaltet daher lauter Tätigkeiten, die im ersten Moment nichts direkt einbringen, aber abseits von Projekten einiges an Arbeit bedeuten.
Umso komfortabler ist es daher aber, überhaupt aus der Position eines Freelancers zu starten. Denn diese Position erlaubt Dir einen fließenden Übergang ins Unternehmertum als Solopreneur.
Lohnenswert ist der Weg in meinen Augen allemal. Denn trotz so manchem Stolperstein, der auf dem Weg der Transformation vom Freelancer zu Solopreneur liegt, ist der Lohn ein deutlicher Zugewinn an Unabhängigkeit und natürlich die Möglichkeit, das eigene Business zum Wachstum zu verhelfen.